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    Bei Polio-Patienten muss bei einer gesundheitlichen Verschlechterung selbstverständlich eine komplette körperliche Untersuchung erfolgen. 

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Diagnostik

Vor der klinischen Untersuchung sind Angaben zur Verwendung von orthopädietechnischen Hilfsmitteln, wie Rollstuhl, Gehhilfen oder orthopädischen Maßschuhen zu dokumentieren. Die subjektive Laufsicherheit auf verschiedenen Untergründen, die Sturzhäufigkeit bzw. -mechanismen werden abgefragt. Im Langzeitverlauf ist gerade für versicherungsrechtliche Belange die Angabe der maximal erreichbaren Gehstrecke von Bedeutung. Brauchbare Verlaufsparameter sind z. B. der SF- 36 und der 2-Minuten-Gehtest. Die Definition eines validierten PPS-spezifischen Scores ist nach unserer Kenntnis bisher nicht erfolgt. Daher muss ggf. problemadaptiert auf validierte allgemeine Scores zurückgegriffen werden.

Körperlicher Befund

Bei Polio-Überlebenden muss bei einer gesundheitlichen Verschlechterung selbst- verständlich eine komplette körperliche Untersuchung erfolgen.
Der neurologische und orthopädische Status in der Untersuchung von PPS-Patienten dient zum einen der differentialdiagnostischen Abgrenzung, zum anderen der sorgfältigen Dokumentation eines aktuellen Ist-Zustandes, der für Verlaufbeurteilungen einschließlich eventueller gutachterlicher Fragestellungen entscheidend ist.

Neurologischer  Untersuchungsbefund

Psychopathologisch sind bei PPS keine Auffälligkeiten zu erwarten. Störungen von Affekt, Antrieb oder gar Denkstörungen müssen gesondert weiter abgeklärt werden. Ebenso auch  in der Sensibilitätsprüfung ist ein normaler Befund zu erwarten. Häufig wird ein Kältegefühl paretischer Extremitäten angegeben. Gezielt sollte auf Zeichen einer Polyneuropathie geachtet werden.

Die Muskeleigenreflexe sind im Bereich paretischer oder atropher Muskelgruppen in der Regel erloschen. Im Bereich klinisch normal erscheinender Muskeln können die Reflexe ebenfalls fehlen, was bei sonst generell auslösbaren Reflexen als Hinweis auf eine sub- klinische Schädigung des entsprechenden Motoneuronpools zu werten ist. Fremdreflexe sind normal auslösbar, Pyramidenbahnzeichen fehlen. Besondere Aufmerksamkeit ist naturgemäß dem Muskelstatus zu widmen. In der Inspektion sind zunächst atrophe Muskelgruppen zu erfassen, die ergänzende Dokumentation von Umfangsmaßen ist dabei besonders für Verlaufsbeurteilungen wichtig. Dabei ist auch auf Faszikulationen oder Myokymien zu achten. Häufig sind besonders im Bereich atropher unterer Extremitäten deutliche vegetative Auffälligkeiten wie kühle, atrophe Haut, Cyanose oder Ödeme. Bei höhergradigen Paresen oder Atrophien ist ein reduzierter Tonus zu erwarten. Bei lange bestehenden hochgradigen Paresen sind Kontrakturen nicht ungewöhnlich. Spastik oder Rigor sind nicht mit Poliofolgen vereinbar. Routinemäßig sollten auch bei Verlaufsuntersuchungen zumindest die großen Muskelgruppen manuell untersucht und die Kraft graduiert (Janda/ BMRC) werden. Es finden sich in der Regel fokal betonte Lähmungsmuster, die asymmetrisch verteilt sind (z.B. distale Beinparese rechts und proximale Armparese links).

Die Koordination ist prinzipiell normal, soweit es die Paresen zulassen. Bei hochgradigen und ausgedehnten Paresen kann die Beurteilung der Feinmotorik erheblich erschwert sein.

Orthopädischer  Untersuchungsbefund

Stabile oder instabil-progrediente residuelle Lähmungsfolgen nach durchgemachter Poliomyelitis präsentieren sich z.T. mit erheblichen statischen Defiziten beim Laufen, Stehen oder Sitzen. Dabei ist auf Grund der Krankheitsspezifik jedes Lähmungsmuster denkbar und nur durch eine akribische Funktionsuntersuchung zu erfassen. Oft können hierbei Paresen nachgewiesen werden, die dem Patienten bisher nicht bewusst waren. Die aktive und passive Gelenk- und Wirbelsäulenbeweglichkeit wird nach der Neutral-Null-Methode dokumentiert.

Jahrzehntelange Fehl- oder Minderfunktion seit oft der frühesten Kindheit sind Ursache für seitendifferentes Wachstum, teilkompensiertes Lotverhalten mit Wirbelsäulendeformierungen und vorzeitigem Gelenk- und Bandscheibenverschleiß. Das Ausmaß und die Folgen der Osteoporose bei Lähmungspatienten sind durch verminderten Muskelzug, Teilimmobilität und Sturzgefährdung schwerwiegender.

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Bundesverband Poliomyelitis e.V.

  • Interessengemeinschaft von Personen mit Kinderlähmung
  • Freiberger Straße 33  |  09488 Thermalbad Wiesenbad